Prekarisierung (1) ist ein Begriff aus der französischen Arbeitssoziologie der 1980er-Jahre und beschreibt einen tief greifenden Wandel in der Arbeitswelt, nämlich die stetige Zunahme der Zahl von Arbeitsplätzen mit zu geringer Einkommenssicherheit, also Arbeitsplätze, mit denen der Betroffene nicht seine Existenz bestreiten kann. Neben mangelnder Arbeitsplatzsicherheit, niedrigen Löhnen, Teilzeitbeschäftigung, befristete Verträgen sowie mangelnden Kündigungsschutz gehört heutzutage leider auch eine mangelnde Interessenvertretung (keine gewerkschaftliche Bindung bzw. fehlender Betriebsrat) zu den strukturellen Ursachen. Als Auslöser für prekäre Arbeitsbeziehungen gelten sogenannte atypische Arbeitsverhältnisse (unter anderem Zeitarbeitsverträge, Minijobs, Ein-Euro-Jobs und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen). Eine kleine Anfrage der Abgeordneten Regine Lück (Fraktion DIE LINKE) des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2008 (2) soll hier als Beispiel dienen, wie sich der Anteil atypischer Arbeitsverhältnisse innerhalb nur weniger Jahre stark vergrössert.

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Foto: Uwe Hiksch/ (CC BY-NC-SA 2. 0) Trotz langer Boom-Phase (die »fetten Jahre«) arbeitet immer noch ca. ein Viertel der Lohnabhängigen in Deutschland zu Niedriglöhnen. Die Zahl der abhängig Beschäftigten in Deutschland ist seit der Finanzkrise um mehr als vier Millionen gestiegen. Ein Teil dieses Beschäftigungsaufbaus fand im Niedriglohnsektor satt. Im europäischen Vergleich hat Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren. Das Thema wird kontrovers diskutiert. Einerseits wird argumentiert, der Niedriglohnsektor helfe, mehr Arbeits- und Erwerbslose in Beschäftigung zu bringen. Andererseits wird kritisiert, dass viele Beschäftigte im Niedriglohnbereich keine auskömmlichen Erwerbseinkommen erzielen, auf Lohnersatzleistungen angewiesen sind und perspektivisch ein hohes Altersarmutsrisiko haben. Mindestlöhne reichen selbst in Vollzeit nicht annähernd aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken und eine würdevolle Existenz im Alter zu gewährleisten. Die europäischen Gesellschaften sind infolge der beschleunigten Modernisierung im letzten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts sozialen Spannungen ausgesetzt.

Skreis

Die Normierung unselbstständiger Arbeitsverhältnisse, insbesondere die Regulierung von Arbeitszeit und Arbeitsentgelt, war ein zentraler Faktor für die Schaffung des österreichischen Sozialstaates, wie wir ihn heute kennen. Doch Politik, Medien und Sozialwissenschaften warnen zunehmend vor der Entwicklung einer "neuen Unterschicht" und eines "Prekariats" in Arbeits- und Lebenswelt. Was steckt dahinter? Die Rückkehr der sozialen Frage Es ist nichts Neues, dass Arbeitswelten und Arbeitsrealitäten sich im Laufe der Zeit verändern. Als Victor Adler 1888 seinen berühmten Text "Die Lage der Ziegelarbeiter" schrieb, war die Situation wahrlich noch eine ganz andere. Zwischen den elenden Arbeitsbedingungen zu Beginn der Industrialisierung und jenen heute liegen Welten – oder besser gesagt Jahrzehnte an gesetzlichen und kollektivvertraglichen Reformbestrebungen. Die Korrelation zwischen dem steigenden Wohlstand unserer Gesellschaft und den immer besser werdenden Arbeitsbedingungen war lange Zeit evident.

In der

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Was ist Prekarisierung?: Arbeiten für drei Euro brutto - taz.de

Wir sind also mit einer doppelten Tendenz konfrontiert: Es hat eine massive Ausdehnung der Lohnarbeit wie auch atypischer Beschäftigungsverhältnisse gegeben. So ist die Zahl der abhängig Beschäftigten von 31, 4 Mio. in 1991 auf 33, 5 Mio. in 2017 gestiegen. Der Rückgang der Normalarbeitsverhältnisse wurde dabei mehr als kompensiert durch die enorme Ausweitung atypischer Lohnarbeit. Seit 2008 ist es infolge der konjunkturellen Erholung, aber auch durch gesetzliche Regulierungen von atypischer Beschäftigung (Einhegung von Befristung und Leiharbeit, gesetzlicher Mindestlohn etc. ) in gewissem Umfang zu einem Erstarken des Normalarbeitsverhältnisses und einem Rückgang der atypischen Beschäftigung gekommen. Der Anteil atypisch Beschäftigter an den Kernerwerbstätigen ist zwischen 1991 und 2007 von 12, 8 auf 22, 6% gestiegen. Dieser enorme Zuwachs ist auf Veränderungen der Erwerbsformen in diesem Zeitraum zurückzuführen. In absoluten Zahlen ist die Kernerwerbstätigkeit zwischen 1991 und 2004 vor allem aufgrund des Beschäftigungseinbruchs im Osten zurückgegangen und hatte bis 2007 das Ausgangsniveau noch nicht wieder erreicht.

In Deutschland ist die offizielle Quote prekärer Arbeitsverhältnisse noch verhältnismäßig gering. Den Angaben des Statistischen Bundesamts zufolge liegt sie bei rund 10 Prozent. Tatsächlich ist sie jedoch nicht wirklich quantifizierbar. Schwarzarbeiter, Illegalisierte oder Nebenverdienstler tauchen in dieser Statistik nicht auf. Fest steht: Der Anteil der Normalarbeitsverhältnisse ist von einst 80 Prozent in den 1970er-Jahren auf nunmehr 63 Prozent aller Erwerbstätigen zurückgegangen. Zwei Drittel aller Neuanstellungen werden inzwischen von vornherein zeitlich befristet. Über ein Viertel der Bevölkerung ist nicht mehr in existenzsichernde Erwerbsarbeit einbezogen. Berlin ist die Hauptstadt der Prekarisierten. Nach Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung gibt es über 307. 000 Lohnbezieher mit niedrigem und sehr niedrigem Einkommen. Jeder 5. Erwerbstätige dieser Stadt bezieht Armutslohn, der unter 75 Prozent des jährlichen Durchschnittsverdienstes von 26.

000) und Männern (-183. 000). Gleichzeitig nahm die atypische Beschäftigung unter den Migrant*innen ohne deutschen Pass (+492. 000) jedoch deutlich zu. Im Ergebnis hat sich der seit 2008 zu beobachtende Rückgang der Quote der atypischen Beschäftigung abgeschwächt und stagniert gegenwärtig. Außerdem verringerte sich der Anteil der Frauen an den atypisch Beschäftigten geringfügig. Schließlich gibt es neben der Verallgemeinerung der Lohnarbeit und der verstärkten Ausweitung prekärer Beschäftigung noch die Tendenz der einer deutlichen Spreizung der Löhne (siehe Abbildung unten). Diese war verbunden mit deutlichen Reallohneinbußen im untersten Dezil und dürfte unter anderem dem Ausbau des Niedriglohnsektors geschuldet sein. Regionale Entwicklung Bei der regionalen Entwicklung gibt es deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Anfang der 1990er Jahre gab es zwischen Ost (13, 3%) und West (13, 4%) nur geringe Unterschiede bei der atypischen Beschäftigung. In der Folgezeit kam es dann aber zu einem deutlich stärkeren Anstieg dieser Formen der Lohnarbeit im Westen als im Osten.

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October 8, 2022, 10:54 pm